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Galvanik

Galvanik ist die umgangssprachliche Bezeichnung für die elektrochemische Abscheidung von metallischen Niederschlägen auf ein Grundmaterial. Fachlich korrekt spricht man von Galvanotechnik. Diese ist in der heutigen Elektroindustrie, aber auch in vielen anderen Branchen, ein unverzichtbarer Prozess, ohne den es keine modernen elektronischen Geräte gäbe.

 

Geschichte und Begriffsherkunft der Galvanik

Die Galvanik wurde nach Luigi Galvani (1737–1798), einem italienischen Arzt benannt, der das Prinzip des Galvanismus entdeckte. Mit diesem Begriff bezeichnet man das Phänomen, dass die Muskeln toter Tiere kontrahieren, wenn man elektrischen Strom an sie legt. Galvani ging jedoch noch davon aus, dass die Berührung der Metallelektroden lediglich eine besondere Form der Elektrizität freisetzte, die sich in den Tieren befände (die sogenannte Tierelektrizität). Doch schon bald erkannte Alessandro Volta, dass dieses Phänomen durch die Verwendung unterschiedlicher Metalle an den Elektroden zustande kommt und bereits 1805 führte einer seiner Schüler die erste galvanische Vergoldung durch. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts war die Galvanisierung bereits ein etabliertes und verbreitetes Verfahren. Damals war es sogar üblich ganze Reiterstandbilder mit Hilfe der Galvanotechnik herzustellen.

Galvanik – Definition

Was umgangssprachlich als Galvanik bezeichnet wird, sind eigentlich zwei Anwendungen der Galvanotechnik. Bei der Galvanoplastik werden Schicht für Schicht metallische Körper aufgebaut. Dieses Verfahrens bedient man sich heute noch im Formenbau und der Mikrosystemtechnik und auch im Bereich des Zahnersatzes gibt es Anwendungsfelder. Jedoch hat dieses Verfahren viel von seiner früheren Bedeutung eingebüßt, denn Kunst- und Alltagsgegenstände werden heute nicht mehr mittels Galvanoplastik hergestellt. Früher war es auch zur Herstellung von Gussformen und sogar künstlerischen Skulpturen bedeutsam.

Das Elektroplattinieren (alternativ: Galvanostegie) ist heute das bei weitem wichtigere und bekanntere Verfahren. Es dient er Herstellung metallischer Überzüge auf verschiedensten Grundmaterialien.

 

Wie funktioniert das Galvanisieren?

In der Praxis gibt es eine Vielzahl galvanotechnischer Verfahren, die sich je nach Einsatzzweck, Rochstoffen und anderem unterscheiden. Sie alle basieren jedoch auf dem hier erläuterten Grundprinzip.

Das Galvanisieren ist eine Redoxreaktion, das heißt, dass ein Reaktionspartner (das Reduktionsmittel) Elektronen an den anderen Reaktionspartner (das Oxidationsmittel) abgibt. Diese Vorgang geschieht bei der Galvanisierung jedoch nicht freiwillig, sondern muss erzwungen werden. Ein Gegenbeispiel, das der ein oder andere vielleicht noch aus der Schule kennt, ist elementares Natrium, dass freiwillig und sehr heftig mit Wasser reagiert, wenn man es hineinwirft.

Doch wie kann eine Redoxreaktion erzwungen werden? Dies geschieht mittels Elektrolyse. Dabei wird in einem Bad aus elektrisch leitender Flüssigkeit (einem sogenannten Elektrolyt) Gleichstrom an zwei Elektroden angelegt. Die elektrische Energie wird zum Teil in chemische Energie umgewandelt (genau andersherum wie in einer Batterie) und treibt so die chemische Reaktion voran. Dabei wandern die positiv geladenen Kationen zur Kathode und die negativ geladenen Anionen zur Anode. Die Kationen nehmen bei diesem Prozess Elektronen von der Kathode auf und werden so zu Metall reduziert, dass sich an der Kathode anlagert. Man unterscheidet bei dien Prozesse lösliche von unlöslichen Anoden. Eine lösliche Anode verbraucht sich während der Galvanisierung, da ihre Kationen auf die Kathode (das zu galvanisierende Werkstück) übergehen. Eine unlösliche Anode dient lediglich dazu, den Stromkreis zu schließen, die Kationen befinden sich im dabei Flüssigkeitsbad.

Galvanik in der Praxis

Galvanisierungen werden heute entweder von den Herstellern eines Produkts im Rahmen des Herstellungsprozesses durchgeführt (Betriebsgalvanik) oder an spezielle Dienstleister ausgelagert (Lohngalvanik). Die Berufsbezeichnung für entsprechend ausgebildete Fachkräfte lautet heute Oberflächenbeschichter, die frühere Bezeichnung Galvaniseur ist auch heute umgangssprachlich noch weit verbreitet. einzelne Fachhochschule bieten entsprechende Ingenieursstudiengänge zur Oberflächen Beschichtung an.

In der praktischen Anwendung ist die Galvanisierung natürlich kein einstufiger Prozess wie in unserem Beispiel. Um ein Werkstück mit einer metallischen Oberflächenbeschichtung zu überziehen, ist eine große Zahl von Arbeitsschritten nötig. Der genaue Ablauf ist dabei von vielen Faktoren abhängig, wie zum Beispiel, der Art des Überzugs und dessen gewünschter Dicke oder den Eigenschaften des Grundmaterials, aber auch Zeitaufwand und geplante Kosten spielen eine Rolle. So ergeben sich große Unterschiede in der Anzahl der Bäder, der Dauer und der angelegten Stromstärke, die alle das Endergebnis beeinflussen. Man kann die angewandten Verfahren jedoch grob in drei Gruppen einteilen: 

  • Bei der Stückgalvanisierung werden die Werkstücke in sogenannte Warenträger eingehängt oder eingespannt und durchlaufen nacheinander verschiedene Wannen in denen die einzelnen Arbeitsschritte stattfinden, wie zum Beispiel die Reinigung der Oberfläche, die Galvanisierung im Kupferbad und das anschließende Abspülen möglicher Elektrolytreste.
  • Die Massengalvanisierung funktioniert ähnlich, mit dem wesentlichen Unterschied, dass die Werkstücke nicht aufwändig auf Warenträger gespannt werden müssen, sondern als Schüttgut in einer Trommel von Wanne zu Wanne wandern.
  • Das dritte Verfahren ist die Durchlaufgalvanisierung, die ohne Taktung auskommt.

 

Einsatzbereiche der Galvanik

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen dekorativer und funktionaler Galvanotechnik. Mit ersterer kommen Verbraucher häufig in ihrem Alltag in Kontakt, zum Beispiel wenn sie verchromtes Besteck, Chromfelgen oder vergoldeten Schmuck kaufen. Die dekorative Galvanik ermöglicht es, Gegenständen, die aus einem vergleichsweise billigen Material hergestellt wurden, mit einem Edelmetallüberzug ein hochwertiges Aussehen zu geben. In diesem Fall spricht man umgangssprachlich von veredeln.  Die funktionale Galvanik hingegen dient verschieden Zwecken:

Einebnung

Die Metallionen lagern sich beim Galvanisieren gleichmäßig an das Grundmaterial an. Diese Eigenschaft macht man sich zu nutzte, um Unebenheiten und Rauheiten des Materials auszugleichen. Das ist zum Beispiel bei Walzen oder anderen Werkstücken von Bedeutung, bei denen eine Glätte der Oberflächen in einem Grad erforderlich ist, der durch polieren oder ähnliche mechanische Verfahren nicht erreicht werden kann.

Oberflächenhärtung

Um die Oberfläche eines Stahlwerkstücks widerstandsfähiger gegen Abrieb zu machen, wird es galvanisch mit Chrom überzogen. Die galvanische Oberflächenhärtung kommt vor allem bei stark beanspruchten Teilen wie Zylinderkolben oder den Läufen von Waffen zum Einsatz. Die Oberflächenhärtung verbessert auch die Gleiteigenschaften des Werkstücks.

Korrosionsschutz

Die galvanische Verzinkung von Schrauben oder den früher üblichen Blecheimern dient dem Schutz dieser Erzeugnisse vor Korrosion (Rost). Die Verzinkung rostender Stähle ist dabei in der Regel günstiger als die Fertigung des Produkts aus Edelstahl, weshalb dieses Methode auch heute noch weitverbreitet ist und gerade bei Produkten für Endverbraucher im unteren Preissegment Anwendung findet.

Leitfähigkeit

Elektrische Kontakte werden vergoldet oder versilbert, um ihre Leitfähigkeit sicherzustellen. Dieses Verfahren ist für die moderne Elektroindustrie absolut unverzichtbar.

Galvanik in der Leiterplatten-Herstellung

Die Galvanik ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Herstellung von Leiterplatten. Die Kupferlagen, die sich auf und gegebenenfalls auch in den Platinen befinden, werden galvanisch auf das Grundmaterial aufgebracht. Da es sich dabei in der Regel um faserverstärkten Kunststoff oder Hartpapier handelt, muss dieses zunächst elektrisch Leitfähig gemacht werden. Bei der eigentlichen Galvanisierung kommt es vor allem darauf an, dass die Kupferschicht möglichst gleichmäßig ist. Um dies zu erreichen, nutzen Leiterplattenhersteller spezielle Simulationssoftware, mit der sie die einzelnen Schritte der Galvanisierung planen. Grundsätzlich gilt: Die Kupferlage wird umso gleichmäßiger, je geringer die Stromdichte ist. Dies Verlängert jedoch umgekehrt die Produktionszeit.

Sollen die Leiterbahnen anschließend im herkömmlichen Ätzverfahren erstellt werden, muss anschließend noch eine Zinnschicht als Ätzresist galvanisch auf das Kupfer gebracht werden, sind die Platinen hingegen für die Laserstrukturierung vorgesehen, ist dies nicht nötig. Nach dem Ätzen können die kupfernen Leitungsbahnen nochmals galvanisch verstärkt werden. Das ist jedoch eine separate Galvanisierung, die unabhängig vom vorhergehenden Prozess stattfindet.

Galvanische Durchkontaktierung

Die Galvanisierung ist aber auch noch für einen weiteren Schritt der Leiterplattenherstellung unverzichtbar. Für die Durchkontaktierung der verschiedenen Lagen einer Leiterplatte sind heute zwei verschiedene Methoden etablier. Einfach und günstig, aber nicht sehr präzise ist das mechanische Durchkontaktieren mittels Nietpresse. Um die hohen Anforderungen, die an Platinen in modernen elektronischen Geräten gestellt werden, erfüllen zu können, greift man jedoch mittlerweile verstärkt auf galvanische Prozesse zurück. Doch wie funktioniert die galvanische Durchkontaktierung? Zunächst muss auch hier das Trägermaterial mit einem Katalysator bekeimt und metallisiert werden. Diese metallische Grundschicht wird dann elektrolytisch mit Kupfer verstärkt. Dieses Verfahren eignet sich sowohl für durchgehende Bohrungen als auch für Sacklöcher.

 

Kurz zusammengefasst: Galvanik

Bei der Galvanotechnik handelt es sich um ein elektrochemisches Verfahren zur Abscheidung metallische Niederschläge. Die Galvanik wurde Ende des 18. Jahrhunderts entdeckt und war schon 50 Jahre später ein etabliertes Verfahren, sowohl zu dekorativen als auch funktionalen Zwecken. Sie kann heute auf den verschiedensten Grundmaterialien angewandt werden. Dementsprechend gibt es heute eine Vielzahl von Verfahren und Prozessen zur Galvanisierung in den unterschiedlichsten Branchen. In der Leiterplattenherstellung ist die Galvanik von besonderer Bedeutung, da durch sie die Kupferlagen aufgebracht werden, die später die Leitungsbahnen der fertigen Platine bilden. Die Durchkontaktierung wird heute in der Regel ebenfalls galvanisch realisiert.

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